Ich habe die Teilzeit aus meinem beruflichen Werdegang gekillt. Einfach so. Dass auf meinem XING Profil noch vor der Bezeichnung meiner Tätigkeit als Referentin für Kommunikation ein „In Teilzeit“ stand, passte mir einfach nicht mehr. Während dort einfach ein „Angestellt“ steht, wenn man in den Einstellungen auswählt, man würde in Vollzeit arbeiten, ist man mit weniger als einer Vollzeitstelle scheinbar nicht einfach angestellt. Oh nein, das hier nicht voll gearbeitet wird, muss unbedingt sichtbar sein. Wie ein Warnschild stand meine Teilzeitanstellung auf meinem Profil.
Vorsicht, Teilzeitfalle! Oder doch nicht?
„Achtung, Stufe!“ oder besser noch „Achtung, Stolperfalle!“. Das würde doch eigentlich viel besser zum Image der Teilzeit von Berufstätigen passen, oder? Es verwundert mich nicht, dass der Gastbeitrag einer gefrusteten Mutter hier auf dem Blog zu den meistgelesenen Artikeln gehört.
Kind und Karriere – das steht in vielen deutschen Unternehmen noch immer in einem Widerspruch. Teilzeitarbeit soll bei der Vereinbarkeit helfen. Als eine von vielen Maßnahmen. Sie wird für viele Elternteile – besonders für berufstätige Mütter – jedoch zu einem Dilemma.
Ich bin selbst berufstätige Dreifachmutter, habe vor einigen Monaten meine Wochenarbeitszeit von 30 auf 35 Stunden erhöhen lassen. In meinem Team waren zwei Stellen neu zu besetzen. Doch Aufgaben warten ja nicht, bis Stellen besetzt und die neuen Teammitglieder eingearbeitet sind. Sie müssen trotzdem erledigt werden. Um gar nicht erst ins Hamsterrad der Überstunden zu geraten, die dann abgebummelt werden müssen, was aber eigentlich nicht geht, weil… Ihr versteht schon.
Ich wünsche mir bei der Diskussion um Teilzeit und Vollzeit eine weniger problemorientierte Herangehensweise. Als XING mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, im XING Talk über das Thema Teilzeit zu sprechen, habe ich sofort zugesagt.
Teilzeit bedeutet nicht, dass es mir an Fähigkeiten mangelt, sondern dass es mehrere Komponenten in meinem Leben gibt, denen ich Zeit widmen möchte.
Das sieht man mich also ab sofort im Videointerview sagen. Hier der Link zum Video bei XING Talk. Und weil das so ist, möchte ich am liebsten, dass XING aus seinen Einstellungen für Angestellte diese alberne Unterscheidung zwischen Vollzeit und Teilzeit abschafft. Einfach löschen. Killen. Weg damit!
Was ist denn bitte überhaupt Vollzeit? Wo beginnt Teilzeit? Man kann die Teilzeit von der Vollzeit nicht losgelöst vom jeweiligen Arbeitsplatz vornehmen und zum Beispiel sagen, dass jede Arbeitszeit die regelmäßig unter 40 Wochenstunden liegt eine Teilzeitarbeit wäre. Was sagt es über jemanden und die geleistete Arbeit aus, wenn wir nichts als den Begriff Teilzeit haben? Nichts.
Und ganz ehrlich, mal so unter uns: Wenn jemand in seinem XING Profil jede Menge aktuelle Tätigkeiten stehen hat, dann erklärt es sich schon allein rechnerisch, dass diese Tätigkeiten wohl nicht alle mit 40 Stunden in der Woche ausgeübt werden. Es sei denn, diese Person verzichtet auf Dinge wie Schlaf, Nahrungsaufnahme und sonstige Nebentätigkeiten.
Erwerbsarbeit ist ohnehin nur ein Teil unserer Zeit. Manche arbeiten in Vollzeit, andere arbeiten in Teilzeit. Viele davon arbeiten längst nicht in ihrer Wunscharbeitzeit, wie Befragungen zeigen. Wie ist das bei euch?
Danke Sophie für diesen Impuls. Wenn ich tatsächlich nur Teilzeit arbeite, wieso arbeite ich dann von 6:00 bis 21:30 Uhr? Ich werde eben nur für den einen Teil davon bezahlt. Aber welches Signal gebe ich damit in meinem Profil?
Ich werde gleich mal das „Teilzeit“ aus meinem XING-Profil löschen.
Beste Grüße
Anna
Liebe Anna,
vielen Dank für deinen Kommentar. Der Blick auf einen ganzen Arbeitstag und die Unterscheidung in bezahlte und unbezahlte Arbeit ist tatsächlich eine gute Idee, um das mal in Relation zu setzen.
Liebe Sophie,
was mich an Teilzeit stört, ist ein Problem, das auch der beste Arbeitgeber nicht lösen kann.
Vor den Kindern (beide im Kiga-Alter) habe ich an der Uni gearbeitet und promoviert, als Rechtsanwältin gearbeitet und bei einer Bundesbehörde (ich habe einige Sprachen gelernt und einige Jahre im Ausland gelebt).
Nach einigen Jahren dort habe ich mit Ende 30 „doch noch“ zwei Kinder mit weniger als 20 Monaten Abstand zueinander bekommen. Nach überschaubarer Elternzeit arbeite ich zwischen 20 und 25 Stunden Teilzeit; teilweise in Home Office. Mehr Stunden kann ich ohne Großeltern mit Pendeln in eine teure Grossstadt (Umzug an den Rand für ein paar qm mehr fürs gleiche Geld) und einem Mann, der einmal die Woche einige Tage auf Dienstreise ist, schlecht bewältigen.
Trotzdem ist es so, dass ich in Teilzeit anders arbeite als damals in Vollzeit. Es bleibt wenig Zeit, ein Thema richtig zu Ende zu denken. Die Vollzeitkollegen sind mehr im Thema. Sie können zu allen Besprechungen und Vorträgen links und rechts der Spur. Sie sind bei jedem Symposium, Seminar usw. Ansprechpartner am Nachmittag kann ich nicht sein, weshalb ich bestimmte Dinge nicht bearbeite (erhalte).
Anspruchsvolles Arbeiten ist anders. Vermutlich müsste man mehr Zeiteinsatz bringen. Dann sieht man die Kinder weniger.
Ich kann diesen Konflikt nicht auflösen und es ist ein steter Quell für das nagende Gefühl, beeinflusst mitunter die Laune und / oder die Geduld mit den Kindern.
Wie soll man das lösen? Dafür gibt es keine brauchbare Lösung, die mir bekannt ist.
Hallo Mika,
danke für deinen Kommentar. Jede Situation ist in der Tat individuell und hat ihre ganz eigenen Herausforderungen, wie du schreibst.
Ich denke, es wird vielen ähnlich gehen. Ich habe da einen Gedanken bzw. eine Idee und schreibe dir dazu mal eine E-Mail.