Das Bloggen begreife ich tatsächlich als Freiraum, das trifft es exakt. Als extrem Alleinerziehende mit kleinen Kindern bin ich in meiner Lebensführung stark eingeschränkt, jedenfalls fühlt sich das für einen ehemaligen Globetrotter und Szenegänger so an. Deswegen ist Bloggen mein Sahnehäubchen im Alltag.
Im Blog schreibe ich über Dinge, die mich bewegen, amüsieren, oder auch auf gesellschaftlicher Ebene beschäftigen, und das tut mir enorm gut. Viel Zeit nimmt das gar nicht in Anspruch: Ich schreibe nur etwa einen Artikel pro Woche, und der ist innerhalb einer Stunde fertig, samt Bebilderung und Verlinkung. Die eigentliche “Arbeit” findet vorher unbemerkt statt, während das Thema in mir reift und Form annimmt – manchmal quasi über Nacht, manchmal durch längeres Nachdenken.
Aufwendig war eher das Aufsetzen und Einrichten des Blogs am Anfang, aber mittlerweile ist das Networking und Statistiken Auswerten hinter den Kulissen wesentlich zeitintensiver als das Schreiben selbst. Das sind sozusagen die Schokostreusel auf dem Sahnehäubchen, denn es gehört nur mittelbar zum Bloggen, macht aber ganz viel Spaß.
Ich verzichte lieber auf Sport, Massagen, Shopping und Kaffeekränzchen mit Bekannten als aufs Schreiben, da habe ich klare Prioritäten. :)
2. Im Moment arbeitest du freiberuflich von zu Hause aus, aber du kennst auch das Leben der angestellten berufstätigen Mutter. Wie sieht deine persönliche Bilanz beider Arbeitsformen aus?
Ich bin lieber angestellt, weil ich ein Büromensch bin. Freiberuflich tätig zu sein ist für mich nur eine Notlösung, wenn auch keine schlimme. Es macht mir mehr Spaß, in einem Großraumbüro zu sitzen als alleine zuhause an meinem Schreibtisch, und falls ich längerfristig freiberuflich arbeiten sollte, und das finanziell drin ist, würde ich mir eine Bürogemeinschaft suchen oder eine gründen. Nicht, weil ich nicht genügend Disziplin habe, meine Aufgaben abzuarbeiten (sonst hätte ich meine Doktorarbeit auch nicht in wenigen Monaten im stillen Kämmerlein heruntergeschrieben), sondern weil ich ein Mensch bin, der Gesellschaft mag und sich auch gerne vom Team inspirieren lässt.
Und dann ist da noch der finanzielle Aspekt: Ich ernähre eine Familie, da ist es wichtig, zu wissen, wieviel Geld am Monatsende auf dem Konto ist. Andererseits sehe ich die Vorzüge des Freiberuflertums durchaus: So viel Zeit wie in den letzten 14 Monaten hatte ich schon seit dem Grundstudium nicht mehr (nach der Zwischenprüfung begann ich bereits, als Hiwi zu arbeiten). Das tat den Kindern gut nach der Trennung vom Vater, und hat mir auch geholfen, das stressige vergangene Jahr samt Umzug gut zu überstehen.
3. Eine Mutter sagte mal: „Kinder und Karriere kann man nicht vereinbaren. Die kann man höchstens addieren.“ Welche Formel hast du für dich gefunden, damit deine Work-Life-Balance funktioniert?
Für meine Kinder bin ich unersetzlich, für die Arbeit nicht. Das muss ich mir manchmal vor Augen halten, wenn die Kinder scheinbar zu viel Raum verglichen mit der Karriere einnehmen. Ich knie mich gerne richtig tief in Projekte hinein, und empfinde die Kinder dann als störend – das verursacht mir ein schlechtes Gewissen, und das einzige, was ich daran ändern kann, ist meine Einstellung, nämlich weniger verbissen bei der Sache zu sein und zu akzeptieren, dass ich meinen Ehrgeiz und meine Ungeduld zu zügeln habe. Davon wird meine Arbeit nicht weniger gut und wertvoll, ich erledige sie einfach weniger perfektionistisch, was oft sogar zu besseren Ergebnissen führt, weil ich mich auf das Wesentliche konzentrieren muss.
Für mich war wichtig, zu erkennen, dass gut organisiert zu sein nicht bedeutet, alles perfekt geplant zu haben, sondern flexibel reagieren zu können, wenn sich bei der Arbeit oder privat Änderungen ergeben. Seitdem ich scheiternde Pläne als den Normalfall ansehe, sehe ich überall Chancen und Gelegenheiten. Oft ist der Plan B dann wesentlich besser als es der Originalplan gewesen wäre – vielleicht auch bei diesem Fragenbogen, den ich nun bereits zum zweiten Mal ausfülle, weil ich das google Doc heute Vormittag nicht ordnungsgemäß gespeichert habe.
Außerdem profitiere ich sehr davon, dass ich mir genügend Schlaf gönne: 9 Stunden pro Nacht dürfen es gerne sein, und ich koche für mich jeden Abend ein leckeres warmes Essen. Grundsätzlich halte ich viel von Achtsamkeit, also darauf zu achten, was einem guttut, und dazu gehört auch, ein nettes soziales Umfeld zu haben. Wenn ich merke, dass meine Kraft schwindet, ruhe ich mich aus; und ich glaube, das diese Lebensführung der Grund dafür ist, dass ich so gut wie nie krank werde.
4. Und jetzt mal ganz aus dem persönlichen Nähkästchen einer berufstätigen Mutter geplaudert: Schlechte Tage oder scheinbar nie enden wollende Pechsträhnen – welche Tipps hast du für berufstätige Mütter, wenn sie mal das Gefühl haben, „das alles“ irgendwie nicht unter einen Hut zu bekommen?
Damit kenne ich mich gut aus, denn letztes Jahr hatte ich einige Schicksalsschläge zu verkraften: Ich wurde arbeitslos (als Alleinerziehende besonders doof, weil einen so schnell keiner mehr einstellt), musste das Haus verlassen, in dem wir wohnten (ich bekam eine Eigenbedarfskündigung) und gesundheitlich waren auch nicht alle Kinder auf der Höhe. Mir hilft dann a) ordentlich jammern und b) etwas unternehmen, um Teile dieser bedauerlichen Umstände zu ändern. Irgendwo anfangen, und dann schauen, was noch machbar ist, das funktioniert gut in meiner Erfahrung.
Bei der Arbeit praktiziere ich maximale Offenheit, was meine Situation als Alleinerziehende angeht, und betone meine Stärken (Flexibilität, Erfahrung, Kompetenz, Organisationstalent, Gelassenheit), das hilft mir, den selbstgemachten Erwartungsdruck zu mindern und auch an mich zu glauben. Zaubern kann ich nicht, aber vieles möglich machen, wenn die Rahmenbedingungen ordentlich abgesteckt sind.
5. Wo wird gerade bei Ratschlägen sind: Welche kuriosen Karrieretipps für Frauen und speziell für Mütter sind dir schon untergekommen, über die du nur herzlich lachen konntest?
Der kurioseste Ratschlag war, ich solle eine Vollzeitstelle annehmen, die mit täglich 2-3 Stunden Fahrt verbunden gewesen wäre, und nebenbei freiberuflich einige Projekte weiter betreuen, die mir wichtig sind. Dieser Tipp kam von einer kinderlosen Frau, die ich entgeistert fragte, wann ich dann denn noch schlafen solle…
Zu guter Letzt: Wo kann man dich im Netz überall finden, wenn man mehr von dir lesen möchte?
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Und gibt es etwas, das du unbedingt noch loswerden möchtest?
“Follow your heart and take your brains with you” – kürzlich auf Facebook gelesen.
Danke, liebe Christine für deine Antworten.
Ich hoffe, es bereitet anderen genauso viel Freude sie zu lesen wir mir.
Der Ratschlag, eine Vollzeitstelle anzunehmen, die mit täglich 2-3 Stunden Fahrt verbunden ist, und nebenbei freiberuflich einige Projekte weiter zu betreuen, ist wohl eine Frechheit. Ich bin kinderlos und fühle mich mit einer Vollzeitstelle, die täglich mit 2 Stunden Fahrtzeit verbunden ist, schon ausgelastet. Nebenher noch irgendwelche Projekte für Kunden zu betreuen, käme mir nicht in den Sinn.
Liebe Christine ! Bei deinen Fähigkeiten sollte es wirklich nicht mehr lange dauern,bis du einen guten Job findest. Du scheinst gut organisiert,multitaskingfähig,kannst auch mit nicht vorhersehbaren Situationen umgehen,deine Kräfte einteilen. Was will man als Arbeitgeber mehr? Sucht man nicht ebenjene engagierten,stressresistenten Mitarbeiter ?