Kinder, Karriere und eine Schwäche für Latte Macchiato.

Potenziale für den Arbeitsmarkt: Frauen zwischen Beruf und Familie

Wenn Frauen nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung wieder erwerbstätig sein möchten, können sie als Berufsrückkehrerinnen von der Bundesagentur für Arbeit unterstützt werden. Aber nicht alle melden sich bei ihrer zuständigen Agentur für Arbeit, viele verbleiben in der sogenannten „Stillen Reserve“. Ein Kurzbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) vergleicht diese beiden Gruppen und gibt Hinweise darauf, wie Berufsrückkehrerinnen besser unterstützt werden könnten und die Stille Reserve für den Arbeitsmarkt wiedergewonnen werden könnte.

Die wichtigsten Fakten in Kürze:

Erwerbsverläufe von Frauen sind weniger kontinuierlich als die von Männern, denn meist sind sie es, die ihre Erwerbstätigkeit aufgeben oder reduzieren, um die Kindererziehung und/oder die Pflege von Angehörigen zu übernehmen. Ihr beruflicher Wie­ dereinstieg ist mit vielen Heraus­ forderungen verbunden.

„Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann Frauen unterstützen, die nach einer Familienpause wieder berufs­ tätig sein möchten. 2008 waren bei der BA gut 160.000 Frauen als Berufsrückkehrerinnen erfasst. „Manche Frauen melden sich nicht bei der BA, obwohl sie dem Arbeitsmarkt prinzipiell zur Verfügung stehen. Sie sind z. B. wegen schlechter Arbeitsmarktlage, Kindererziehung oder Pflegeaufgaben nicht erwerbs­ tätig und zählen zur Stillen Reserve „im engeren Sinn“.

„Im Vergleich sind Frauen in der Stillen Reserve älter, häufiger ver­ heiratet als Berufsrückkehrerinnen und leben meist in Westdeutsch­land. Die Mehrheit in beiden Grup­pen hat eine Berufsausbildung. Auf ein Drittel der Frauen trifft dies nicht zu. Ihnen könnten Qualifizie­rungen beim Wiedereinstieg helfen. „Eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Wiederein­stieg sind vor allem gute Rahmen­bedingungen für die bessere Verein­barkeit von Familie und Beruf.

Erwerbstätigkeit von Müttern – Potenziale bleiben ungenutzt

Frauen sind also hierzulande seltener erwerbstätig als anderswo, wenn sie mehrere Kinder haben. Zudem hat sich das Arbeitsvolumen der Frauen in den letzten Jahren nicht wesentlich erhöht. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Vollzeiterwerbstätigkeit der Frauen in Deutschland zwischen 1991 und 2010 um 20 Prozent zurückgegangen ist und gleichzeitig geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit zugenommen haben. Hier bleiben Potenziale ungenutzt, da fast die Hälfte der teilzeitbeschäftigten und zwei Drittel der geringfügig beschäftigten Frauen potenziell länger arbeiten möchten. Obwohl die Erwerbsorientierung von Frauen – auch die von Müttern – gestiegen ist, hat sich die Dauer der Erwerbsunterbrechungen nach der Geburt eines Kindes in den letzten Jahrzehnten verlängert. Grund hierfür sind auch familienpolitische Veränderungen.

Berufsrückkehrerinnen und Frauen in der Stillen Reserve

Nicht wenige Frauen kehren nach Ablauf der gesetzlichen Elternzeit nicht mehr in die Erwerbstätigkeit zurück, obwohl sie grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnten (Eurostat 2009). Häufig ist eine angespannte Arbeitsmarktsituation der Grund, warum sie die Familienphase verlängern. Wenn diese Frauen sich nicht arbeitslos melden, aber beispielsweise bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage beruflich wiedereinsteigen möchten, zählen sie zur so genannten Stillen Reserve. Hierzu gehören auch die „entmutigten Arbeitskräfte“ („discouraged workers“), welche die aktive Arbeitsuche aufgegeben haben, da sie sich keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen.

Frauen, die sich nach einer längeren familienbedingten Erwerbsunterbrechung aufgrund von Pflegeaufgaben oder Kinderbetreuung bei der BA arbeitslos oder arbeitsuchend melden, können den Status einer Berufsrückkehrerin erhalten. Die entsprechenden Fördermöglichkeiten stehen im Prinzip auch Männern offen. Allerdings sind nur etwa zwei Prozent aller Berufsrückkehrer Männer.

Knapp 300.000 Frauen der Stillen Reserve könnten zur Deckung des Fachkräftebedarfs genutzt werden

Im Jahr 2008 waren etwa 160.000 Frauen zwischen 15 und 64 Jahren bei der BA als Berufsrückkehrerin gemeldet. Diese Frauen möchten nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung wieder erwerbstätig sein und haben sich bereits Unterstützung für ihr Vorhaben gesucht. Weitere knapp 300.000 Frauen, die nicht bei der BA arbeitsuchend oder arbeitslos gemeldet sind, gehörten zur sogenannten Stillen Reserve im engeren Sinn. Diese Frauen stellen eine Teilgruppe des Erwerbspersonenpotenzials dar, das z.B. zur Deckung des Fachkräftebedarfs genutzt werden könnte. Weiteres Potenzial steht in dem hier nicht untersuchten Teil der Nichterwerbspersonen bereit. Diese Gruppe artikuliert allerdings keinen Arbeitswunsch bzw. sucht nicht aktiv nach Arbeit und steht dem Arbeitsmarkt nicht unmittelbar zur Verfügung. Dadurch dürfte diese Gruppe für den Arbeits-markt schwerer und nur mit größerem Aufwand zu aktivieren sein als die Stille Reserve.

Die empirischen Analysen der Berufsrückkehrerinnen und der Stillen Reserve zeigen, dass sich die beiden Gruppen zum Teil unterscheiden: So sind die Frauen in der Stillen Reserve älter als die Berufsrückkehrerinnen, mehrheitlich verheiratet und leben meist in Westdeutschland. Dagegen ist ein Großteil der Berufsrückkehrerinnen jünger und alleinerziehend. Das lässt vermuten, dass sich Frauen nach einer Erwerbsunterbrechung heute schneller um einen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben bemühen. Alleinerziehende sind zudem zur Sicherung des Lebensunterhalts häufig auf die eigene Erwerbstätigkeit angewiesen. Hinzu kommt, dass sie gemäß dem neuen Unterhaltsrecht nach einer Scheidung nun auch eher darauf verwiesen werden.
Altersstruktur der Berufsrückkehrerinnen und der Frauen in der Stillen Reserve (IAB-Kurzbericht Nr. 23, Dezember 2011 )

 

Neben diesen Unterschieden haben Frauen in der Stillen Reserve und Berufsrückkehrerinnen auch vieles gemeinsam: Die Mehrheit hat eine berufliche Ausbildung. Ein Teil der Frauen in der Stillen Reserve sowie der Berufsrückkehrerinnen ist jedoch gering qualifiziert und verfügt über keine abgeschlossene Ausbildung. Hier könnten Maßnahmen zu einer gezielten Nachqualifizierung unterstützend wirken. Aber auch Frauen mit Ausbildung, die ihre Erwerbstätigkeit für viele Jahre unterbrochen haben, sind oft auf spezifische Weiterbildungen zur Aktualisierung des Wissens angewiesen.

Die BA scheint in erster Linie diejenigen zu erreichen, die aufgrund finanzieller Notwendigkeit schnell wieder einsteigen müssen. Um Personalreserven zu erschließen, könnte man darüber hinaus die Stille Reserve und andere Nichterwerbspersonen vermehrt auf Unterstützungsangebote aufmerksam machen und so deren (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern. Dieses ist eines der Ziele des Modellprogramms „Perspektive Wiedereinstieg“.

Rahmenbedingungen für eine gute Vereinbarkeit von Familienaufgaben und Erwerbstätigkeit müssen verbessert werden

Die Arbeitszeitwünsche von Berufsrückkehrerinnen machen deutlich, dass vor allem die Rahmenbedingungen für eine gute Vereinbarkeit von Familienaufgaben und Erwerbstätigkeit noch verbessert werden müssen. Die Kinderbetreuungssituation ist insbesondere in Westdeutschland nicht ausreichend. Dies zeigt auch der hohe Anteil westdeutscher Frauen, die eine Teilzeiterwerbstätigkeit präferieren. Frauen und Männern sollte es gleichermaßen möglich sein, neben Kindererziehung und Pflege von Familienangehörigen ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit eigenständig zu sichern. Besonders unter Gleichstellungsgesichtspunkten ist ein beruflicher Wiedereinstieg von zentraler Bedeutung, weil sich Frauen dadurch für das Alter eigenständig finanziell absichern können.

Arbeitgeber müssen sich besser darauf einstellen, dass Mütter und Väter neben dem Beruf Betreuungsaufgaben zu bewältigen haben

Von staatlicher Seite könnten vermehrt Anreize für die zumindest vollzeitnahe Erwerbstätigkeit von verheirateten Frauen gesetzt werden. Dazu beitragen würden zum Beispiel die Abschaffung des Ehegattensplittings und der spürbare Abbau steuerlicher Begünstigungen für geringfügige Erwerbstätigkeit. Daneben wären auch die Einrichtung kostengünstiger Kinderkrippen- bzw. Kindergartenplätze und der Ausbau von Ganztagsschulen wichtig. Auch müssten sich die Arbeitgeber besser darauf einstellen, dass Mütter und Väter neben dem Beruf Betreuungsaufgaben bewältigen müssen. Die Flexibilisierung von Arbeitszeiten, die Möglichkeit auch von zu Hause aus zu arbeiten oder eine Kinderbetreuung im Betrieb sind dafür geeignete Angebote. Daneben muss aber auch ein Umdenken der Personalverantwortlichen in Unternehmen erfolgen, indem beispielsweise die vorherrschende „Überstunden- und Anwesenheitskultur“ kritisch hinterfragt wird.

 

Potenziale für den Arbeitsmarkt: Frauen zwischen Beruf und Familie. (IAB-Kurzbericht, 23/2011) steht als PDF kostenlos beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit bereit.

Einen aktuellen Literaturüberblick zum Thema „Berufsrückkehrerinnen – Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt“ gibt es auf der IAB-Infoplattform unter www.iab.de/infoplattform/Berufsrueckkehrerinnen

 

Inhaberin von NetWorkingMom.de. Als bekennende Latte-Macchiato-Mama trägt sie nicht nur interessante Netzfundstücke zusammen, sondern plaudert in der Kaffeeküche recht scharfzüngig über die Merkwürdigkeiten, die einem als berufstätige Mutter so begegnen. Mehr Lifestyle und Kinderkram gibt's im Zweitblog www.BerlinFreckles.de

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